Sonntag, 25. November 2012

Drill Baby Drill

Ich bin im Baumarkt und will keine Bohrmaschine kaufen sondern Dübel. Ich kann nicht besonders gut bohren, meistens sind die Versuche in bröseligen Wänden oder auf Stahlträgern geendet. Alles was handwerklich ist, habe ich bislang entweder vertrauensvoll in die Hände eines männlichen Artgenossen gelegt oder so lange verschoben, bis ich umgezogen bin. Seit zwei Monaten wohne ich allein und in meiner neuen Wohnung ist Einiges zu tun, nicht zuletzt wünsche ich mir in meinem lichtdurchfluteten Mauseloch ein klein wenig Privatsphäre.
Im Baumarkt ist eine Aktionsfläche mit Bohrmaschinen eines der bekannteren Hersteller. Ich schleiche herum und finde Gefallen an einem Mini-Akkuschrauber. Der Verkäufer spricht mich an. Ich will fliehen. Doch schneller als erwartet bohren wir gemeinsam Löcher in Granit und unterhalten uns über die Anbringung von Jalousien. "Ist das geil" rufe ich, als ich ein ordnungsgemäßes Achter-Loch in den Granit hämmere. "Ja! Das ist geil!" ruft er "Und Sie werden mit diesem Gerät mit der linken Hand ein Sechser- ach was sag ich, ein Achter-Loch in ihre Decke bohren. Ganz lässig!" Lässig schiebe ich das begeisterungswürdig leichte und elegante Gerät in meinen Hosenbund oder tue zumindest so und posiere dann noch ein bisschen wie Bond. Der Verkäufer freut sich (ich bin kurz versucht, ihn zu umarmen) und ich freue mich, als ich mit meinem Köfferchen zur Kasse schlendere.
Zu Hause bohre ich mit links meine Rollokonstruktion an, bringe die Arbeitsplatte in der Küche an und eine Garderobe. Ich fühle mich allmächtig mit meiner neuen Bohrmaschine. Völlig eigenständig und so, als müsse ich nie wieder einen Mann um einen Gefallen bitten. Feminismus kann man manchmal kaufen.

Montag, 12. November 2012

Was nichts kostet...oder: the best things in life are free

Ich gehöre zur glücklichen Generation, die seinerzeit noch ohne Studiengebühren studieren durfte. Klar, es gab einen Semesterbeitrag, der auch mitunter ein kleines Loch gerissen hat, aber mit zwei Extraschichten in der Bar war das wieder drin. Mein Studium war nach Schelsky zwar nicht von Einsamkeit aber von sehr viel Freiheit geprägt, die ich dringend gebraucht habe. Direkt nach dem stickigen Mief eines rechtsliberalen Elternhauses konnte ich frei atmen und habe einige Umwege genommen. Ich habe verschiedene Fächer studiert, bis ich das was heute tue gefunden habe - eine Berufung oder so ähnlich. Von Anfang an brotlos - aber irgendwie ernähre ich mich ja offenbar doch. Heute habe ich das zweifelhafte Vergnügen mitunter mit Studierenden zu arbeiten. Einerseits treibt es mir den Schweiß der Bewunderung auf die Stirn wie zielstrebig und ehrgeizig auch die abseitigsten Archäologinnen sind, gleichwohl frage ich mich bei der ständigen Frage nach Creditpoints auch, ob es hier noch um Bildungsideale im breiteren Sinne geht. Das alles klingt, als wäre ich schon eine tatterige Oma, aber ich wünsche mir weniger Verzweckung der Jugend. Ein Abschied von den Studiengebühren wäre ein erster Schritt und dringend notwendig - wurde aber im Sinne des Koalitionsfriedens gekippt. Damit wird eine komplette Generation wurde mit diesem Experiment um ein wichtiges Stück Freiheit und Gleichstellung gebracht.

Dass Herr Seehofer angesichts dieses Verlustes ohne mit der Wimper zu zucken so tut, als sei er schon immer dagegen gewesen - nun aber einknickt, ist auch deshalb unverständlich, weil er als Arbeiterkind wissen müsste, was es bedeutet, wenn man sich ein Studium nicht leisten kann.